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Menschen sind wirklich Gewohnheitstiere...

Besonders, wenn es um einmal gefundene Lösungen geht. Dann hinterfragen wir nicht mehr, ob diese Lösungen heute noch zu uns passen. In diesem Zusammenhang muss ich an meine ehemalige Professorin denken, die schmunzelnd darauf hinwies, dass Menschen einmal im Leben ihre Wohnungen einrichten und dann alles so belassen. Das Leben der Menschen ändert sich in dieser Zeit permanent, doch die Wohnung bleibt ein Leben lang gleich. Anstatt irgendwann mal die Wohnung auf die neuen Lebensumstände anzupassen, passen sich die Menschen lieber ihren Wohnungen an. Das was sich von außen betrachtet lustig anhört, ist vollkommen menschlich. Wir haben in unserem durchgetakteten Alltag keine Zeit ständig alles zu hinterfragen und außerdem ist es immer schwierig uns selbst zu betrachten. Wir schauen eben nicht von außen auf uns. Bei anderen Menschen stellen wir dann schon eher fest, dass sie Zeit damit verschwenden immer wieder  vermeintliche Lösungen anzuwenden, die einfach nicht funktionieren. Das manchmal über Jahre. Ein Beispiel ist z.B. die Kollegin, die zum Neujahrsanfang wieder mit einer neuen Diät startet, nur um anschließend wieder mit dem Scheitern konfrontiert zu sein. Aber diesmal wird sie es auf jeden Fall schaffen, das hat doch schon einmal funktioniert. 

Das Erlernen und Merken von Lösungen ist grundsätzlich ein sehr guter Plan der Natur. So können wir Routinen entwickeln und wesentlich effizienter unseren Alltag organisieren. Und wir können uns schnell helfen. So wie z.B. mit der Schokolade, die zuverlässig unseren Stresspegel für einen Moment nach unten reguliert oder andere schwierige Emotionen abmildert. Daran ist nichts negatives zu sehen, denn genau das können wir auch zu unserem Nutzen verwenden. 

Dennoch benötigen wir immer mal wieder ein Stück Bewusstheit, um nicht irgendwann in einem Leben festzuhängen, was immer mehr Last statt Lust wird. Es ist sinnvoll ab und zu ein wenig Zeit einzuplanen, um sich mal wieder mit sich selbst zu verbinden. Sich sich selbst zuzuwenden, zu hinterfragen, ob man so zufrieden oder es vielleicht Zeit für eine Veränderung ist. Das muss nicht ein kompletter Neubeginn sein, gerade die kleinen Veränderungen bringen einen Stück für Stück weiter. Ab und zu lohnt es sich die lieb gewonnen Lösungen, die uns einmal sehr gut geholfen haben, zu hinterfragen. Denn es kann sein, dass diese überhaupt nicht mehr zu uns passen bzw. uns vielleicht sogar schaden. (z.B. schädigendes Suchtverhalten)

Dazu müssen wir mal kurz Austreten aus dem Hamsterrad, um von außen auf unser Leben zu blicken. Um zu schauen, was kostet mich permanent Energie und lässt dabei trotzdem nur Frustration zurück. Oder einfach, was stresst mich jeden Tag aufs Neue? Hier kann es manchmal auch helfen sich mit anderen Menschen auszutauschen, sich neues Wissen anzueignen oder ganz einfach loszulassen. Denn auch unsere Wunschvorstellungen sind manchmal verstaubt. Auch da können wir extreme Gewohnheitstiere sein: Beim "Nichtloslassenwollen" alter unrealistischer Wunschvorstellungen. Diese können sehr viel Energie binden und uns von dem, was an Positivem direkt vor uns liegt und gelebt werden will, trennen.

 

Ich selbst bin dabei das beste Beispiel. Also, ich präsentiere nun einmal eine meiner eigenen Verhaltensweisen mit einer Lösung, die nicht funktionieren konnte. Und dabei hätte mir es als Expertin eigentlich auffallen müssen. Ist es aber nicht... Denn auch ich reflektiere nicht, außer ich nehme es mir bewusst vor oder spreche mit anderen Menschen, die mich dann spiegeln.

Mir ging es so mit meinem Sportprogramm. Das hat immer großartig funktioniert. Ich habe mich gut gefühlt. Das hat mir Energie gegeben. Ich war danach ausgeglichen und in meiner vollen Kraft. Außerdem war es sehr gut in meinen Alltag integriert. Nun ja, plötzlich war das aber nicht mehr so. Jedes Mal nach dem Sport, stellte ich komplette Erschöpfung fest. Ich habe immer mehr körperliche Beschwerden bekommen. Es wurde  immer schwieriger meinen Sport in meinen Alltag einzuplanen. Ich war nämlich plötzlich damit beschäftigt, Zeiten zu finden, in denen ich auf jeden Fall topfit bin. Um das Programm irgendwie zu schaffen. Oftmals habe ich es dann aber sein lassen, da ich sowieso schon gestresst war und mein vorher enstressendes wohltuendes Sportprogramm ja nun selbst zum Stressfaktor wurde. Und nein, ich habe das nicht bewusst wahrgenommen.

Ich habe viel Zeit darauf verwendet meine "Wunschprogramm" nach wie vor, genauso wie ich es gewohnt war, (Ja, ich weiß, es ist eigentlich lächerlich.) durchzuziehen.

Das hat mich wütend und traurig gemacht, weil mir nun ein wichtiger Ausgleich an Freude und Entspannung fehlte. Ich habe hier übrigens mehrere Fehler in einem gemacht:

1.Ich war mir meiner selbst nicht bewusst, habe mich also nicht freundlich mir selbst zugewendet und mich selbst und meinen Körper wahrgenommen. Ich habe mich nicht mit meinen Bedürfnissen und dem was zu mir passt auseinandergesetzt.

2. Ich habe nach dem Alles-oder Nichts-Prinzip gehandelt: Entweder das funktioniert genauso perfekt oder gar nicht. Also sehr unflexibel.

3. Ich habe nicht auf mich selbst und meine körperlichen Signale vertraut, sondern mich versucht in eine Schablone zu pressen. Eine Wunschvorstellung, die mit mir nichts mehr zu tun hatte, verfolgt. Ich bin immerhin inzwischen ein paar Jahre älter geworden. Womit wir auch schon zum nächsten Punkt kommen.

4. Körperliche Fitness bis ins hohe Alter hat nichts mit Überforderung zu tun. Ich habe mich vollkommen überfordert. Mir keine erreichbaren Ziel gesetzt, die meine Selbstwirksamkeit stärken. Sondern Ziele, an denen ich nur scheitern kann.

 

Nun aber zum Happy End der Geschichte: Jede Beziehung braucht ja bekanntlich Zeit, auch die Beziehung zu uns selbst. Ich habe mir also die Zeit genommen zu reflektieren, was denn eigentlich gerade schief läuft und was ich wirklich brauche.

Und dann bin ich einfach genauso intuitiv bei meiner Bewegung, wie bei meiner Ernährung vorgegangen. Ich habe genau das getan, was meine Bedürfnisse befriedigt und meinem Wohlbefinden dient. Und siehe da, es funktioniert. Bewegung ist wieder ein selbstverständlicher Teil meines Lebens, der in meinen Lebensalltag integriert ist. Aus einem Stressor ist ein Wohlfühlfaktor geworden.

 

Nimmst du ab und zu mal deinen Alltag unter die Lupe?

Schreibe dir doch mal alles auf, was du am Tag tust. Jedes Detail. Dann sortiere in nervt, neutral, gut für mich.

Das kann viele spannende Aha-Erlebnisse bringen. Viel Spaß dabei und denke daran, es ist oft das ganz Banale, was uns weiterbringt...

Schreibe mir gerne deine Erfahrungen!

 

Alles Gute 💚

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